Wie kann ich herausfinden, ob es eine klinische Studie für meine Situation gibt?

Es gibt verschiedene Internetportale, die auf die neuesten klinischen Studien hinweisen. Ob diese Studien für Ihre jeweilige Situation passen, sollten Sie mit Ihrem behandelnden Arzt / Ihrer Ärztin besprechen. Sie können sich aber auch direkt mit dem Studienzentrum in Verbindung setzen, um sich über eine mögliche Studienteilnahme zu informieren.

Über die Plattform Orphanet können Sie Informationen zu aktuellen Studien finden und Forschungsprojekte zu ausgewählten Seltenen Erkrankungen suchen. 

Hilfe bei der Suche nach klinischen Studien bieten auch die deutsche Internetplattform ClinLife, das Deutsche Register Klinischer Studien (DRKS) oder die US-amerikanische Internetdatenbank clinicaltrials.gov.

Wie lang dauern klinische Studien? Wann stehen neue Medikamente zur Verfügung?

Vom Wirkstoff zum Medikament: Die Entwicklung von neuen Arzneimitteln dauert durchschnittlich mehr als 13 Jahre. Dabei unterscheidet man eine präklinische Phase (in dieser Phase werden neue Wirkstoffe im Labor entwickelt und getestet) und die klinische Forschung in Krankenhäusern und Arztpraxen, bei der Gesunde / Patienten beteiligt sind. Die klinische Forschung wird wiederum in verschiedenen Phasen ausgeführt (Phase I-III). Nach dem Abschluss der klinischen Studien kann die Zulassung der Medikamente beantragt werden.

Weitere Informationen zur Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln bietet der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa).

Gibt es klinische Studien speziell für Kinder und Jugendliche?

Nach einer Angabe des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) finden in Deutschland jährlich rund 1000 klinische Studien statt. An rund 150 davon wirken auch oder ausschließlich Kinder und Jugendliche mit.

In der Mehrzahl der Fälle geht es bei Studien mit Kindern und Jugendlichen um die Anwendung von Wirkstoffen, die sich in der Erwachsenenmedizin bereits bewährt haben. Beispielsweise wird in solchen Studien die richtige Dosierung für unterschiedliche Altersgruppen ermittelt, denn der kindliche Organismus kann auf einen Wirkstoff anders reagieren als ein Erwachsener.

Wichtig zu wissen ist dabei, dass die Teilnahme an klinischen Studien stets freiwillig ist und nicht ohne eine Einwilligung der Eltern erfolgen darf. Sprechen Sie mit dem behandelnden Arzt/der Ärztin über die Chancen und Risiken, wenn Sie vor der Entscheidung stehen, ob Ihr Kind an einer klinischen Studie teilnehmen soll, und beziehen Sie Ihr Kind in die Entscheidungsfindung ein.

Weitere Informationen bietet die Informationsbroschüre „Kinder und Jugendliche in Klinischen Studien“ des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa).

Was sind klinische Studien und was sollte ich als Patient darüber wissen?

Klinische Studien sind ein wichtiger Teil der medizinischen Forschung. In klinischen Studien wird geprüft, ob neue Therapien wirksam, sicher, gut verträglich und womöglich besser als die Standardtherapie sind. Durch die Teilnahme an einer klinischen Studie können Patienten einen Zugang zu den neuesten Medikamenten oder therapeutischen Ansätzen bekommen. Die Studien werden in der Regel durch spezialisierte medizinische Zentren oder sogenannte Prüfärzte durchgeführt.

Weitere Informationen zu klinischen Studien finden Sie beim Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa).

Was tut sich in der Forschung? Welche neuen Therapiemöglichkeiten werden erforscht?

Zahlreiche neue Wirkstoffe und Therapien zur Behandlung von Seltenen Erkrankungen befinden sich in der Entwicklung. Laut einer Angabe des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa) liefen im August 2018 in der Europäischen Union rund 1900 Forschungsprojekte zur Entwicklung von neuen Arzneimitteltherapien für die Behandlung von Seltenen Erkrankungen. Eine Übersicht bietet das Register of designated Orphan Medicinal Products Drugs der Europäischen Kommission.

In Deutschland hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung zahlreiche Forschungsverbünde für Seltene Erkrankungen gefördert, die ein breites Spektrum von unterschiedlichen Krankheitsbildern abdecken – von seltenen Autoimmunerkrankungen über Entwicklungsstörungen bis hin zu seltenen neurologischen Erkrankungen, seltenen Muskelerkrankungen oder beispielsweise seltenen Nierenerkrankungen. Über aktuelle Forschungen und die Schwerpunkte der Forschungsverbünde informieren das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Internetportal Research For Rare – Forschung für Seltene Erkrankungen.

Einen Überblick über Arzneimittelentwicklung und zugelassene Arzneimittel zur Behandlung von Seltenen Erkrankungen bietet der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa).

Welche Behandlungsmöglichkeiten kommen infrage, wenn es in Deutschland für meine Erkrankung keine zugelassenen Medikamente gibt?

Bislang gibt es nur für wenige Seltene Erkrankungen spezifische Behandlungskonzepte. Weniger als 3 % aller bekannten Seltenen Erkrankungen können mit einem dafür zugelassenen Arzneimittel behandelt werden. Wenn es für eine Erkrankung keine dafür zugelassenen Medikamente gibt, kommen gegebenenfalls andere therapeutische Maßnahmen infrage, z. B. eine Behandlung im Rahmen einer klinischen Studie oder eine Reha-Maßnahme. Sprechen Sie Ihren Arzt/Ihre Ärztin darauf an und fragen Sie auch, ob es weitere Behandlungsmöglichkeiten gibt, die in Ihrem Fall infrage kommen.

Hinweise zur Kostenerstattung: Sprechen Sie mit Ihrer Krankenkasse, um abzuklären, ob die Kosten der Behandlung erstattet werden. Das es bisher nur für wenige Seltene Erkrankungen spezifische Behandlungen gibt, haben Krankenkassen manchmal Vorbehalte gegenüber einer Kostenerstattung. Bei privaten Krankenkassen kommt hinzu, dass Patienten die Kosten der Behandlung in der Regel vorstrecken und sich später von der Kasse erstatten lassen. Hier kann es sinnvoll sein, mit der Krankenkasse ein alternatives Finanzierungsmodell zu entwickeln. Für die Auseinandersetzung mit der Krankenkasse kann es hilfreich sein, sich an einen Anwalt zu wenden. Gegebenenfalls sollten Sie darüber nachdenken, eine Rechtschutzversicherung abzuschließen, die Kosten für juristische Auseinandersetzungen mit Ihrer Krankenkasse abdeckt.

„Hilfe für mich“ bietet Ihnen viele ergänzende Informationen zur Orientierung: Lesen Sie mehr zu Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen von klinischen Studien und zur Anwendung von Reha-Maßnahmen.

Bei Fragen zur Erstattung von Behandlungskosten durch die Krankenkassen können Sie sich an die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) wenden und sich beraten lassen.

Was sind „Orphan Drugs“?

Orphan Drugs (englisch für: Waisenarzneimittel) sind Arzneimittel, die für die Behandlung von Seltenen Erkrankungen entwickelt wurden und zugelassen sind.

Die Entwicklung von Orphan Drugs ist in der Regel mit besonderen Herausforderungen verbunden. Dies liegt beispielsweise darin begründet, dass nur wenige Wissenschaftler über die nötigen Fachkompetenzen verfügen und dass die Patientengruppen für die klinische Forschung sehr klein sind. Deshalb ist es grundsätzlich schwierig, genügend Probanden für klinische Studien zu finden.

Auf EU-Ebene wurde im Jahr 2000 eine Verordnung für Arzneimittel gegen Seltene Erkrankungen in Kraft gesetzt, damit mehr Medikamente für die Behandlung von Seltenen Erkrankungen entwickelt werden. Nach einer Angabe des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa) sind inzwischen rund ein Viertel der Medikamente, die jährlich neu auf den Markt kommen, Orphan Drugs.

Weitere Informationen zu Orphan Drugs bietet ein Video von Dr. Johannes Wimmer.

Hintergrundinformationen zu Orphan Drugs finden Sie beim Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa).

Gibt es Arzneimittel zur Behandlung von Seltenen Erkrankungen?

Laut einer Angabe des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa) stehen in Europa mehr als 100 sogenannter Orphan-Arzneimittel (auch „Orphan Drugs“ genannt) zur Verfügung, die für die Behandlung Seltener Erkrankungen entwickelt und zugelassen wurden. Hinzu kommen mehr als 40 Medikamente, bei denen der Orphan-Status verordnungsgemäß nach 10 Jahren abgelaufen ist oder vom Hersteller zurückgegeben wurde, die aber überwiegend weiterhin erhältlich sind und für Behandlungen eingesetzt werden können.

Zusätzlich oder als Alternative werden bei der Behandlung häufig weitere Medikamente für die Behandlung von Symptomen (z. B. Schmerzen oder körperliche Funktionsstörungen) eingesetzt.

Welche Medikamente im Einzelfall infrage kommen, hängt von der Diagnosestellung und von der individuellen Krankengeschichte ab. Fragen Sie Ihren Arzt / Ihre Ärztin nach den Möglichkeiten einer medikamentösen Behandlung. Er/sie kann Ihnen erklären, welche therapeutischen Optionen zur Verfügung stehen.

Eine Übersicht über die zugelassenen Arzneimittel zur Behandlung von Seltenen Erkrankungen finden Sie beim Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa).

Welche Probleme können bei jungen Patienten beim Übergang von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin auftauchen und wie sollte man damit umgehen?

In der medizinischen Fachsprache wird der Übergang der Patienten von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin „Transition“ genannt. Dieser Prozess wirft viele Fragen auf, die rechtzeitig beantwortet werden sollten, um eine konstante medizinische Versorgung zu gewährleisten.

Folgende Fragen können beim Übergang von der Pädiatrie zur Erwachsenenmedizin wichtig sein:

  • Welcher Arzt bzw. welche Ärzte können den Kinderarzt ersetzen?

  • Ab wann können und sollen junge Patienten im Arztgespräch „mitreden“ oder auch ohne Elternbegleitung zum Arzt gehen?

  • Was ändert sich bei den Leistungen der Krankenkassen, wenn Kinder erwachsen werden?

  • Wie ändert sich die medizinische Versorgung, wenn Kinder für die Ausbildung oder für das Studium in eine andere Stadt ziehen?

In manchen Fällen ist die Weiterbehandlung beim Kinderarzt möglich und auch zu empfehlen, wenn es keine Alternative in der Erwachsenenmedizin gibt. Hierfür muss in der Regel ein Antrag an die Krankenkasse gestellt werden.

Eltern von Kindern mit chronischen Erkrankungen sollten sich möglichst frühzeitig darum kümmern, dass die Weichen für den Übergang von der Pädiatrie zur Erwachsenenmedizin bei ihren Kindern gestellt werden. Besonders wichtig ist dabei, dass Kinder bei diesem Prozess mitreden können, denn das Erfahrungswissen der jungen Patienten sowie das Gefühl der Selbstbestimmung sind oft sehr wertvoll und können helfen, den weiteren Weg erfolgreich zu gestalten.

Zusätzliche umfangreiche Informationen zur Transition bei Kindern und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen hat das Kindernetzwerk e.V. zusammengestellt.

Gibt es spezialisierte Therapiemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche?

Die Behandlung von Seltenen Krankheiten bei Kindern stellt Ärzte, Patienten und Eltern vor besondere Herausforderungen, bei der neben den medizinischen Bedürfnissen auch das Alter und die individuelle familiäre Situation der jungen Patienten zu berücksichtigen sind.

Folgende Zentren für Seltene Erkrankungen sind auf die Behandlung von Seltenen Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen spezialisiert:

Wichtig zu wissen: Neben den oben genannten Einrichtungen gibt es in vielen Städten weitere Zentren für Seltene Erkrankungen, in denen Kinder und Jugendliche medizinisch versorgt werden. Für viele Erkrankungen finden sich Spezialisten auch in Spezialkliniken und Spezialambulanzen. Für Kinder mit Entwicklungsstörungen und Kinder, die von Behinderungen bedroht sind, bieten Sozialpädiatrische Zentren (SPZ) besondere Möglichkeiten der Versorgung.

Weitere Informationen zu spezialisierten Zentren bietet der Versorgungsatlas für Menschen mit Seltenen Erkrankungen im Internet. Im SE-Atlas finden Sie Adressen und Kontaktdaten der Einrichtungen.

Bei Fragen zur Behandlung von Seltenen Krankheiten bei Kindern können Sie sich an die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V. und an das Kindernetzwerk e.V. wenden.

Weitere Informationen zu den Behandlungsmöglichkeiten für Seltene Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen finden Sie bei der Care-for-Rare Foundation/Stiftung für Kinder mit Seltenen Erkrankungen.

Unterstützende Angebote für betroffene Kinder und deren Angehörige finden Sie bei der Stiftung Kindness for Kids: betreute Feriencamps und therapiebegleitete Ferienaufenthalte für die ganze Familie.